Grippeimpfung bei Asthmapatienten
Untersuchung zur Sicherheit der Grippeimpfung bei Kindern und Erwachsenen mit Asthma.
Titel
The safety of inactivated influenza vaccine in adults and children with asthma.
Autoren
American Lung Association Asthma Clinical Research Centers.
Quelle
N Engl J Med 2001 Nov 22;345(21):1529-36
Abstract |
Fragestellung
Ist die Grippeimpfung bei Kindern und Erwachsenen mit stabilem Asthma sicher und mit keiner Exazerbation des Asthmas verbunden?
Hintergrund
Infektionen mit Grippeviren führen bei Patienten mit Asthma häufig zu einer Zunahme der Symptome mit erhöhter Bronchokonstriktion und Verschlechterung der Lungenfunktion. Im Vergleich zu anderen Populationen, für die eine Grippeimpfung empfohlen wird, wie beispielsweise für die über 65-jährigen, werden Asthmapatienten eher selten geimpft. Ein Grund dafür ist die Befürchtung, dass durch die Grippeimpfung eine Exazerbation des Asthmas ausgelöst werden kann, wie dies verschiedentlich in der Literatur geäussert worden ist. Die amerikanische Lungengesellschaft hat sich deshalb entschlossen, mit einer randomisierten, placebokontrollierten Studie die Sicherheit der Grippeimpfung bei Asthmapatienten zu überprüfen.
Methoden
Studiendesign
Randomisierte, Multicenter-Doppelblindstudie mit einem Crossover Design. Die Analyse der Daten erfolgte nach dem Intention-to-treat Prinzip.
Setting
Zwischen September und November 2000 wurden insgesamt 2’032 Patienten aus 19 Zentren in den USA für die Studie rekrutiert.
Einschlusskriterien
- Patienten mit stabilem Asthma, wobei stabil wie folgt definiert wurde: keine Exazerbation innerhalb 2 Wochen vor Studienbeginn
- Alter zwischen 3 und 64 Jahren
- Unter kontrollierte Asthmabehandlung seit mindestens 12 Monaten
Ausschlusskriterien
Ausschlusskriterien waren u.a.:
- Grippeimpfung innerhalb 6 Monaten vor Studienbeginn
- Allergie auf Ei Produkte oder Thimerosal
- Patienten ohne Telefon
- Guillain-Barré Syndrom in der Anamnese
- Erhöhte Temperatur (> 38°C) 24 Std. vor Studienbeginn
Intervention
Die Patienten erhielten in randomisierter Reihenfolge eine Grippeimpfung oder eine Placeboimpfung. Nach 4 Wochen fand ein Crossover statt. Patienten, die zuerst eine Grippeimpfung erhalten hatten wurden mit Placebo geimpft und umgekehrt.
Primäre Endpunkte
Exazerbation des Asthmas innerhalb 14 Tagen nach Impfung. Als Exazerbation galt, wenn eines der folgenden Ereignisse eintrat:
- Verminderung der Peak Expiratory Flow Rate (PEFR) um 30%
- Erhöhter Gebrauch von bronchodilatorischen Medikamenten
- Erhöhter Gebrauch von Kortikosteroiden
- Hospitalisierung
- Arztbesuch oder telephonische Konsultation
Sekundäre Endpunkte
- Verminderung der PEFR um 20%
- Durchschnitt der morgendlichen PEFR
- Rhinitis
- Halsschmerzen
- Husten
- Kopfschmerzen
- Fieber
- Müdigkeit
Beobachtungsdauer
14 Tage.
Resultate
Basisdaten
Das durchschnittliche Alter bei den Erwachsenen betrug 42.4 Jahre und bei den Kindern 9.4 Jahre. 36.2% der Erwachsenen inhalierten täglich Beta-Agonisten und 55.2% Kortikosteroide. Bei den Kindern brauchten 19.5% Beta-Agonisten und 51.8% Kortikosteroide.
Patienten
Gruppenvergleich der Endpunkte
Grippeimpfung und Placeboimpfung wiesen in keinem der untersuchten Endpunkte signifikante Unterschiede auf. Die Rate der Exazerbationen war in beiden Gruppen in etwa gleich gross. Kopfschmerzen und Gliederschmerzen traten nach der Grippeimpfung etwas häufiger auf, wobei auch hier der Unterschied nicht signifikant ausfiel.
Siehe Tabelle 1
Diskussion durch die Autoren
Die Autoren kommen zum Schluss, dass die Grippeimpfung bei Patienten mit Asthma sicher ist und zu keiner Verschlechterung des Asthmas führt. Sie fanden auch keine signifikanten Unterschiede in den Exazerbationsraten der Untergruppen bezogen auf das Alter oder den Schweregrad des Asthmas.
Zusammenfassender Kommentar
Frühere Reviews und kleinere Studien liessen Zweifel an der Sicherheit der Grippeimpfung bei Asthmapatienten aufkommen. Diese grosse Multicenter-Studie mit einer langen Beobachtungsdauer über 14 Tage und klar definierten Endpunkten zeigt nun, dass die Grippeimpfung mit dem inaktivierten, aufgespalteten Impfstoff bei Asthmapatienten nicht zu mehr Exazerbationen führt als eine Placeboimpfung. Entsprechend dürften in Zukunft mehr Asthmapatienten von dieser Grippeimpfung profitieren.
Besprechung von Dr. med. et MME, Fritz Grossenbacher, Mediscope Knowledge Center
N Engl J Med 2001;345:1529-36 - American Lung Association Asthma Clinical Research Centers
09.02.2004 - dde