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Paracetamol und Naproxen bei Spannungskopfschmerz

Randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie.

Titel

Efficacy and safety of acetaminophen and naproxen in the treatment of tension-type headache. A randomized, double-blind placebo-controlled trial.

 

Autoren

Prior, MJ, Cooper, KM, May, LG, Bowen, DL.

 

Quelle

Cephalalgia 2002; 22:740-748

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Bewertung und Vergleich der Wirksam- und Verträglichkeit von Paracetamol (Acetaminophen), 1’000 mg, im Vergleich zu Naproxen, 375 mg, und Placebo als Einzeldosis über einen Zeitraum von 6 Stunden in der Behandlung des akuten Spannungskopfschmerzes.

 

Hintergrund

Spannungskopfschmerz, ein sehr verbreitetes Syndrom, das Daten zufolge 78% der Bevölkerung in ihrem Leben mehr oder weniger häufig kennen gelernt haben, wird von den meisten in Selbstmedikation behandelt. Paracetamol ist eine sehr gut untersuchte Medikation zur Behandlung des Spannungskopfschmerzes. In einer Dosierung von 650 mg bis zu 6 x täglich oder von 1’000 mg bis zu 4 x täglich ist die Substanz zur temporären Linderung leichter Schmerzen, vor allem Kopf-, Muskel-, Rücken-, Gelenk- und Menstruationsschmerz zugelassen wie auch zur Fiebersenkung. Naproxen ist ein verschreibungspflichtiger NSAR mit ebenfalls analgetischen und antipyretischen Eigenschaften. Dagegen ist Naproxennatrium (Natriumsalz von Naproxen) als Over-the-counter (OTC)-Präparat für die gleichen Indikationen wie Paracetamol frei verkäuflich.

 

Methoden

Studiendesign

Randomisierte, placebokontrollierte, multizentrische Doppelblindstudie.

 

Setting

19 Studienärzte in den USA rekrutierten ihre Hausarzt- oder auch neue Patienten mit einer Krankheitsgeschichte mit Spannungskopfschmerz. 963 Frauen und Männer wurden eingeschlossen.

 

Einschlusskriterien 
  • Alter über 18 Jahre, Männer und Frauen
  • Krankheitsgeschichte mit akutem Spannungskopfschmerz mindestens mittelschwerer Intensität oder schwerer Intensität mit mindestens 2 der folgenden Charakteristika in leichter Abweichung von den Diagnosekriterien für Spannungskopfschmerz der International Headache Society (IHS) (= drückender, ziehender, nicht pulsierender Schmerz, Hemmung, aber nicht Unmöglichkeit von körperlichen Tätigkeiten, bilaterale oder variable Lokalisation, keine Verschlimmerung bei körperlicher Aktivität). Ferner Einnahme von OTC-Analgetika, Auftreten des Kopfschmerzes zwischen 4 und 10 x pro Monat, ohne Assoziation zu Migräne-Symptomen
  • Früheres Ansprechen auf die Behandlung mit OTC-Analgetika bei Spannungskopfschmerz
  • Medizinischer Untersuchungsbefund, der auf keine organische Ursache des Kopfschmerzes schliessen lässt
Ausschlusskriterien
  • Migräne oder Clusterkopfschmerz
  • Wiederholter Sinuskopfschmerz
  • Kopfschmerz durch Nahrungs- oder Alkoholexzess
  • Entzugskopfschmerz (Koffein oder Nikotin)
  • Kopfschmerz aufgrund organischer Ursachen sowie Kopf- oder Nackentrauma
  • Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit, psychische Erkrankung
  • Tägliche Einnahme von NSAR, anderer Schmerzmittel, ASS-Prophylaxe, Antikoagulanzien oder Psychotropika
  • Kontinuierlicher täglicher Kopfschmerz
  • Kopfschmerz ohne Response auf OTC-Analgetika
  • Kopfschmerz in Assoziation mit Menstruation
  • Überempfindlichkeit auf Paracetamol, ASS oder NSAR
  • Peptische Ulzera, entzündliche Darmerkrankung, Magen-Darmblutung, instabile klinisch signifikante kardiovaskuläre, Nieren- oder Lebererkrankung, Gerinnungsstörungen, instabiler Diabetes mellitus, Pankreatitis, unkontrollierte Hypertonie, ZNS-Erkrankungen, instabile Stoffwechselerkrankung, Tumorerkrankung, aktive Tuberkulose, vorangegangene gastrointestinale Operation, welche den Stoffwechsel der Studienmedikation beeinflussen kann.
Intervention

Die Patienten wurden randomisiert einer der Therapiegruppen zugeordnet: Die erste Gruppe erhielt 1’000 mg Paracetamol, die zweite 375 mg Naproxen, die dritte Placebo in Form von 2 gleich aussehenden Kapseln. Die Patienten, die bereits Spannungskopfschmerz mindestens mittelschwerer Intensität erfahren hatten, wurden instruiert, in einem Tagebuch Datum und Zeitpunkt der Einnahme, Schmerzintensität und -linderung vor und 0.25, 0.5, 0.75, 1, 2, 3, 4, 5 und 6 Stunden nach der Einnahme festzuhalten.

 

Die Stärke des Schmerzes wurde auf einer Skala von 0 bis 4 charakterisiert («kein Schmerz bis starker Schmerz»). Zusätzlich dokumentierten die Patienten den Grad der Schmerzlinderung auf der ebenfalls vierstufigen Skala («keine Linderung bis vollständige Schmerzfreiheit») sowie den Zeitpunkt der verspürten Linderung und gaben schliesslich eine Bewertung ihrer Studienmedikation an. Bei ausbleibender Schmerzlinderung durften die Patienten eine «Notfall-Medikation» einnehmen; der Zeitpunkt der Einnahme wurde dokumentiert. Die ärztliche Kontrolle erfolgte 48 Stunden nach Einnahme der Studienmedikation.

 

Primäre Endpunkte

Wirksamkeitsbestimmung analog 4 standardisierter analgetischer Summenendpoints:

  • 1. Schmerzintensität: Summe der Differenzscores: Zustand nach Einnahme gegenüber dem Zustand vor Therapiebeginn (baseline) im definierten Zeitintervall (SPID)
  • 2. Maximale Schmerzintensität (Differenz gemessen ab baseline) während der Beobachtungszeit (MAXPID)
  • 3. Schmerzlinderung: Summe der gemessenen Scores im definierten Zeitintervall (TOTPAR)
  • 4. Maximale Schmerzlinderung, gemessen als Score während der Beobachtungszeit (MAXPAR)
Sekundäre Endpunkte
  • Prozentsatz der Responder (Schmerzfreiheit) nach 2 Stunden
  • Beginn einer spürbaren Linderung
  • Zeitdauer bis zur Einnahme der Notfallmedikation
  • Gesamthafte Bewertung der eingenommenen Studienmedikation durch die Patienten
Beobachtungsdauer

6 Stunden.

 

Resultate

Basisdaten

Von den anfänglich 963 Studienteilnehmern nahmen 915 die Studienmedikationen; 900 beendeten die Studie. 71% der Teilnehmer waren Frauen, was der allgemeinen Prävalenz entspricht, nach der Frauen wesentlich häufiger als Männer unter Kopfschmerz leiden. In der Placebogruppe lag der Prozentsatz der Frauen niedriger. Das Durchschnittsalter betrug 33.9 Jahre.


Gruppenvergleich der Endpunkte

Bezüglich der primären Endpunkte zeigte sich unter Paracetamol und Naproxen in der genannten Dosierung kein signifikanter Unterschied. Die Schmerzlinderung war unter beiden Medikationen insgesamt signifikant stärker als unter Placebo.

 

Unter Berücksichtigung der Zeitintervalle ergab sich, dass es unter Paracetamol zu einer signifikant stärkeren Linderung der Schmerzintensivität schon nach einer Stunde kam. Nach der ersten Stunde war der Unterschied auch zwischen den beiden Verumgruppen signifikant zugunsten von Paracetamol.

 

Schmerzfreiheit nach 2 Stunden wurde von 36.8% der Patienten der Paracetamolgruppe erreicht, von 31.5% der Naproxengruppe und von 25.9% der Placebogruppe. Während zwischen den Verumgruppen kein signifikanter Unterschied bestand, ergab sich diese statistische Signifikanz zwischen Paracetamol und Placebo. Die Zeitdauer bis zur Einnahme einer Notfallmedikation war unter beiden Verumgruppen signifikant niedriger als unter Placebo, zwischen den Verumgruppen zeigte sich kein solcher Unterschied. Die subjektive Bewertung der eingenommen Verumsubstanzen war vergleichbar gut, Placebo wurde eindeutig schlechter bewertet.

 

Hinsichtlich der berichteten Nebenwirkungen war kein signifikanter Unterschied in allen 3 Studiengruppen festzustellen.

 

Diskussion durch die Autoren

Das OTC-Präparat Paracetamol wurde mit dem verschreibungspflichtigen Naproxen hinsichtlich Wirksam- und Verträglichkeit verglichen, weil die rekrutierten Patienten an mittelschwerem bis starkem Spannungskopfschmerz litten. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Substanzen gleichwertig einsetzbar sind. Obwohl sich insgesamt kein statistisch signifikanter Wirksamkeitsunterschied zwischen beiden Substanzen zeigte, wurde hinsichtlich des Parameters Schmerzfreiheit 2 Stunden nach der Einnahme nur unter Paracetamol im Vergleich zu Placebo ein signifikanter Unterschied erreicht. Eine entsprechende Überlegenheit von Paracetamol gegenüber Naproxen zeigte sich beim frühen Wirkungseintritt: Die Schmerzintensität hatte eine Stunde nach Tabletteneinnahme signifikant stärker nachgelassen.

 

Zusammenfassender Kommentar

Der episodische Spannungskopfschmerz wird bevorzugt mit Analgetika, wie z.B. Paracetamol oder Naproxen, behandelt. Beide Substanzen werden als gleichwertig und placeboüberlegen erkannt. Interessant ist allerdings die Feststellung, dass zwischen der Wirkung von Naproxen und von Placebo 2 Stunden nach der Einnahme praktisch kein Unterschied besteht. Nur bei Paracetamol konnte eine statistisch signifikante Differenz gegenüber Placebo gesehen werden. Im Praxisalltag ist dies jedoch erfahrungsgemäss kaum relevant. Dazu kommt, dass in dieser Arbeit überhaupt nur ein Drittel der Spannungskopfwehpatienten nach 2 Stunden Schmerzfreiheit erreichte (und immerhin 26% in der Placebogruppe!) Üblicherweise hält bei den meisten Patienten der episodische Spannungskopfschmerz einen halben oder ganzen Tag an, deshalb können die Ergebnisse über Schmerzfreiheit nach 2 Stunden nicht auf die Gesamtpopulation der Patienten mit Spannungskopfschmerz übertragen werden. Der therapeutische Grundsatz, bei episodischem Spannungskopfweh mit Analgetika zurückhaltend zu sein, gilt auch nach der Lektüre dieser Studie weiterhin.

 

 

Zusammenfassung von Bärbel Hirrle, Mediscope und Kommentar von Dr. med. Christian Meyer, Neurologie FMH , Präsident der Schweiz. Kopfwehgesellschaft, 5400 Baden

 

Cephalalgia 2002; 22:740-748 - M. J. Prior et al

17.02.2004 - dde

 
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